Qualität geht uns alle an

auf einem Tisch liegt ein Bücherstapel mit einem Apfel, Buntstifte und Buchstabenwürfel

Wie man sich dem Qualitätsbegriff nähern kann 

Nicht zuletzt durch die Verabschiedung des „Kita-Qualitätsgesetzes“ ist klar: Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte haben das Recht auf gute Qualität in Kitas. Bereits 1991 wurde in der Neuordnung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes festgelegt, dass Kinder ein Recht auf Förderung und gute Erziehung haben. Doch was ist das eigentlich: „gute“ Qualität? Und kann man pädagogische Qualität messen? Wie man sich auf den Weg zum erfolgreichen Qualitätsmanagement machen kann, soll vorliegender Beitrag erläutern. 

Was bedeutet „Pädagogische Qualität“? 

„Pädagogische Qualität in einem Kindergarten (oder einer anderen pädagogischen Umwelt wie z.B. Familie, Krippe, Kindertagespflege) ist dann gegeben, wenn die jeweiligen pädagogischen Orientierungen, Strukturen und Prozesse das körperliche, emotionale, soziale und intellektuelle Wohlbefinden und die Entwicklung und Bildung der Kinder in diesem Bereich aktuell wie auch auf Zukunft gerichtet fördern und die Familie in ihrer Betreuungs- und Erziehungsaufgabe unterstützen“ (Tietze et al., 2016). Aus Studien ist bekannt, dass dies mit einem professionellen und vor allem qualitativ hochwertig gestalteten pädagogischen Setting besonders gut gelingen kann. Qualität ist keine absolute und unveränderliche Größe, sondern abhängig von gesellschaftlichen Erwartungen, fachlichen Diskussionen und sich verändernden wissenschaftlichen Erkenntnissen. Kurz gesagt ist Qualität die Güte der Beschaffenheit von Objekten, Systemen und Prozessen (vgl. Fink/ Weber, 2018).  

Jede Einrichtung muss heute in der Lage sein, den Nachweis zu führen, dass sie sich mit ihrer Qualität auseinandersetzt: in §22a Abs.1 TAG sowie §79a SGB VIII wurde festgelegt, dass Einrichtungen neben einer Konzeption auch ein geeignetes Qualitätsmanagementsystem benötigen. Es ist also nicht nur ein Thema, das man angehen kann, wenn man Zeit dafür findet, sondern sollte die Basis der pädagogischen Arbeit darstellen und geht somit alle etwas an. 

Gute Qualität liefert Erfolge 

Doch nicht nur gesetzliche Grundlagen geben ein Qualitätsmanagement vor, sondern auch der „Kunde“ Eltern: das Interesse an dem, was in einer Kindertageseinrichtung passiert, hat stark zugenommen und meist reicht den Familien eine reine Betreuung ihrer Kinder nicht aus, sondern sie möchten sie gefordert und gefördert wissen und transparent darüber informiert werden. Wenn Eltern aufgrund der Zunahme der Einrichtungsvielfalt die Wahl zwischen mehreren Kitas haben, würden sie sich für die Einrichtung entscheiden, die ihrer Meinung nach bessere Qualität suggeriert.  

Auch nationale und internationale Forschungsergebnisse zeigen, dass der Besuch einer Kita kompensatorische Wirkung hat. Bildungsbenachteiligte Kinder, die im familiären Umfeld wenig fördernde Anregungen erhalten, profitieren dabei in besonderem Maße. Dies korreliert allerdings mit der Qualität in den Kitas: ist eine nicht angemessene Qualität gegeben, kann dies sogar eine negative Wirkung auf die Entwicklung dieser Kinder haben und sich beispielsweise in Verhaltensauffälligkeiten äußern (vgl. Fink/ Weber, 2018). Gut, dass Qualität eine gewisse Dynamik auszeichnet und sich permanent verändert, sodass man sich als Kita, die nicht zufrieden mit ihrer Qualität ist, auf den Weg zu Veränderungen machen kann. 

Pädagogische Qualität kann nur dort entstehen, wo auch adäquate Rahmenbedingungen gegeben sind. Wie sieht sie also aus, die gute Qualität? 

Verschiedene Facetten von Qualität 

Pädagogische Qualität ist ein komplexes Gebilde, das sich zusammensetzt aus 

  • Prozessqualität 
  • Strukturqualität  
  • Orientierungsqualität und 
  • Ergebnisqualität  

Die Prozessqualität bezieht sich auf die Gesamtheit der Interaktionen und Erfahrungen, die das Kind im pädagogischen Alltag mit seiner sozialen und räumlich-materialen Umwelt macht. Zu einer angemessenen Prozessqualität gehört beispielsweise die Betreuung des Kindes und der Umgang mit ihm sowie Interaktionen, die für alters- und entwicklungsentsprechende Aktivitäten sorgen und so das Lernen fördern und unterstützen. Die Bildungsaktivitäten Schlafen, gemeinsame Mahlzeiten, das Eingewöhnungskonzept oder die Gestaltung von Pflegesituationen kann man unter dem Aspekt der Prozessqualität genauer beleuchten. 

Zeitlich stabile und situationsunabhängige Rahmenbedingungen, die Gruppengröße in den Einrichtungen, der Erzieher-Kind-Schlüssel, das Verhältnis von Vorbereitungszeit und Zeit am Kind oder auch die Ausbildungshintergründe der Mitarbeitenden sind Dimensionen von Strukturqualität. Dieser Bereich ist stark von außen vorgegeben und an rechtliche Rahmenbedingungen sowie politische Regelungen geknüpft, sodass man hier als Team teilweise wenig Gestaltungsspielraum hat. 

Der Begriff der Orientierungsqualität bezieht sich auf Werte und pädagogische Vorstellungen und Überzeugungen der Fachkräfte, die an den pädagogischen Prozessen unmittelbar beteiligt sind. Anders als die Merkmale der Strukturqualität sind diese nicht politisch regulierbar, sondern stellen Denkweisen und Haltungen der Pädagog:innen dar, die biografisch geprägt und in Sozialisierungsprozessen erworben werden und sich daher sehr individuell und auch kulturell verankert gestalten. Diese Kategorie wird nicht immer angeführt, da das Bild vom Kind bislang als nicht bedeutungsvoll erschien, doch heute weiß man anhand von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass „das Bild vom Kind als immanent wichtig zu betrachten und entsprechend zu definieren ist“ (Fink/Weber, 2018). 

Die Ergebnisqualität misst sich an der Zufriedenheit der Eltern, sozialen und emotionalen Kompetenzen des Kindes sowie an Entwicklungsindikatoren der sprachlichen, kognitiven und motorischen Entwicklung. Für viele Beteiligte ist diese Dimension im Qualitätsentwicklungsprozess am schwierigsten durchschaubar, da die Ergebnisse pädagogischer Arbeit weniger gut greifbar erscheinen. Um die Ergebnisqualität sicherzustellen, muss man als Team einer Kita die eigene Arbeit regelmäßig fachlich einschätzen und sich seiner Wirkung bewusstwerden. Reflexion und Selbstevaluation ist der Ausgangspunkt einer guten Qualitätsentwicklung und es sollten bei einer solchen Einschätzung alle beteiligten Personen einbezogen werden: Kinder, Fachkräfte, Leitung, Familien, Träger und ggf. der Betrieb. Rückmeldungen von diesen Personengruppen geben Hinweise zur weiteren Entwicklung und können beispielsweise in Form von Befragungen eingeholt werden. 

Leitungsaufgabe Qualitätsmanagement 

Was neben den Qualitätsdimensionen noch explizit erwähnt werden sollte, ist, dass die Leitung der Einrichtung für die Qualität der Bildungsarbeit in ihrer Einrichtung maßgeblich verantwortlich ist, und sie eine Schlüsselrolle im Qualitätsmanagement darstellt. Die vorgestellten Dimensionen nutzen nichts, wenn sich niemand dafür verantwortlich fühlt. Außerdem hat die Güte der Arbeit der Leitung Einfluss auf die verschiedenen Qualitätsbereiche und darf daher nicht unterschätzt werden. Wenn eine Leitung sich das Thema der Qualität nicht zu eigen macht und Vorbild darin ist, darf man sich nicht über zu wenig Engagement auf Seiten der Mitarbeitenden wundern. „Denn wer selbst nicht brennt, kann nicht entzünden, und von andern kann nicht mehr verlangt werden, als man als Leitung selbst bereit ist, einzubringen“ (Fink/Weber, 2018). 

Fazit 

Das Prinzip beim Thema Qualität heißt: Ganz oder gar nicht. Es bringt nichts, wenn man nicht mit vollem Herzen bei der Sache ist, sondern Qualität muss gewollt sein. Qualitätsmanagement bedeutet, eine Organisation zu führen und zu steuern und dabei visionsgeleitet Ziele zu entwickeln, Veränderungsprozesse im Hinblick auf die Ziele einzuleiten und die Mitarbeitenden in diese Prozesse mit einzubeziehen. Eine bestimmte Qualitätsebene zu erreichen, gelingt meist einfacher, als dieses Niveau auch zu halten. Wenn das Niveau in mehrere machbare Etappen mit regenerativen Pausen aufgeteilt wurde, ist die Wahrscheinlichkeit höher, die erreichte Qualität auch langfristig zu halten. 

Es geht nicht darum, in kurzer Zeit möglichst viel verändern und verbessern zu wollen, was nur die Oberfläche kratzen würde, sondern darum, gründlich und fundiert mit ausreichend Zeit Projekte und Vorhaben umzusetzen. Das, was neu ist und erwartet wird, benötigt Zeit, um verinnerlicht und nachhaltig verankert zu werden. Nehmen Sie sich diese Zeit und Sie werden überrascht sein, wie die pädagogische Qualität sich weiterentwickeln wird. 

 

Quellenverzeichnis 

Fink, Heike; Weber, Kurt (2018): Qualitätsmanagement in der Kita. Methoden und Impulse zur Qualitätssicherung und -entwicklung (1. Auflage). Berlin: Cornelsen Verlag. 

Tietze, Wolfgang/ Viernickel, Susanne (Hrsg.); Dittrich, Irene; Grenner, Katja; Hanisch, Andrea & Marx, Jule (2016): Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein Nationaler Kriterienkatalog (5. Auflage). Weimar: Verlag das Netz. 

 

zur Autorin:

Silvia Engler hat frühkindliche und Elementarbildung (B.A.) und Sozialpädagogik in Aus-, Fort- und Weiterbildung (M.A.) studiert und war bereits in der Ausbildung von staatlich anerkannten Erzieher:innen (Freie Duale Fachakademie für Pädagogik) sowie im Deutschen Auslandsschuldienst in Kalifornien tätig. Zuletzt leitete sie die educcare Kita Wasserflöhe in Karlsruhe und ist nun als Projektleitung für Digitale Medien in Kitas bei ihrem Träger sowie als freie Autorin tätig. 

 Bildrechte: Silvia Engler; element5 von unsplash